Ich habe auch Angst...
In der Vergangenheit hatte ich vor so vielen Dingen Angst. Vor Prüfungen in der Schule, davor dass ich am Ende meinen Abschluss nicht schaffen würde, dass ich den Anschluss verpasse, dass ich das vertrauen von Menschen verlieren würde die mich lieben und ich sie enttäusche. Wie oft ich daran gedacht habe, wie mich meine Eltern oder generell meine Familie ansehen wird, wenn ich sie mit etwas das ich tue enttäusche. Es ist das schrecklichste Gefühl der Welt. Eines das mich im letzten Jahr sehr oft geplagt hat. Es war so schlimm, dass ich kaum noch Luft bekommen habe und jede Sekunde des Tages weinen wollte. Noch schlimmer ist allerdings die Angst vor der Zukunft.
Wer meine Instagram Story des letzten Jahres verfolgt hat weiß, dass ich meine Ausbildung abgebrochen / freiwillig beendet habe. Es steht außer Frage, dass dieser Schritt wichtig war und immer noch ist. Ich bin zerbrochen und wenn ich geblieben wäre dann wäre es nur noch schlimmer geworden. Ich will daran gar nicht weiter denken, denn es ist vorbei unwiderruflich vorbei - egal was andere davon halten oder sagen.
In der ersten Zeit nach diesem Schritt habe ich alles getan um irgendwie wieder aufzustehen. Ich habe versucht Dinge zu tun um mich abzulenken. Dinge die ich vorher nicht tun konnte oder nicht in dem Maße. Doch ich bin dabei noch etwas tiefer gefallen. Das Corona daran auch eine Mitschuld trägt, lässt sich nicht leugnen. Ich war gefangen - so wie alle anderen auch - zuhause. Ich hatte nicht die Möglichkeit ins Cafe zu gehen, durch die Gänge einer Buchhandlung zu geistern, ins Kino zu gehen gehen oder meine Freunde zu treffen. Weihnachten und Silvester zu überstehen war auch nicht wirklich leichter, doch die Frage nach meiner Zukunft ließ sich wenigstens etwas vergessen. Jetzt im neuen Jahr sieht das wieder anders aus. Ich habe schon immer ein großes Problem mit dieser Frage.
Aber warum? Aus dem Grund, weil ich viel zu sehr nachdenke und Angst vor den möglichen Konsequenzen habe. Ich habe Angst alle anderen um mich herum zu enttäuschen, wenn ich nicht das mache, was sie in mir sehen oder für richtig halten. Alle sagen << such dir einen sichern Job einen mit Zukunft<<. Ich hatte eine Ausbildung die mir dazu verholfen hätte.
Doch die war einfach nicht richtig für mich. Aber aus der Angst der Enttäuschung habe ich mich gequält. Das ist auch keine Lösung! Jetzt stehe ich erneut vor der Frage nach meiner Zukunft. Sie macht mir eine scheiß Angst um ehrlich zu sein. Was ist das beste für mich? Was ist wirklich das was ich will? Welcher Weg muss es sein? Ausbildung oder Studium? Welche Richtung passt zu mir? Alles Fragen, auf die ich die Antwort nicht kenne und immer noch verzweifelt suche. Gibt es wirklich die Richtige Entscheidung? Wenn ich so darüber nachdenke will ich dieses eine perfekte Leben, das wollte ich immer schon. Nur ist das Leben einfach nicht perfekt und meins schon gar nicht.Wenn ich also wirklich über diese Frage nachdenke, dann weiß ich, dass selbst die richtige Entscheidung sich irgendwann falsch anfühlen kann. Die Angst erneut zu scheitern bleibt und wird mit jedem mal stärker.
Ich schreibe Bewerbungen für Ausbildungsplätze die knapp sind und suche nach einem Studienplatz, der mich interessiert. Ich starre auf mein Handy und warte auf eine Antwort und das macht mich wahnsinnig. Denn ich kann nichts davon kontrollieren. Ich kann nur warten und den Dingen ihren Lauf lassen.
Vielleicht is das auch die Antwort die ich verzweifelt suche. Dass ich nicht immer direkt weiß, ob etwas passt und es einfach Zeit braucht. Ich muss darauf vertrauen, mir selbst vertrauen, dass ich richtig entscheide und nicht darauf achten was andere für mich vorgehen haben. Auch wenn ich das wirklich hasse. Ja ich bin ein Mensch der für alle anderen lebt, der sich selten etwas wirklich gönnt und zur Stelle ist, wenn andere Probleme haben. Nur geht es hier um mein Leben und meine Zukunft. Ich muss diese ich will nur ja niemanden verletzten Einstellung ablegen, denn sonst gehe ich erneut daran kaputt.
Denn die Wahrheit ist, im letzten Herbst gab es ein Wochenende, an dem es mir eigentlich gut gehen sollte, doch alles ist auseinander gefallen. Zwei Menschen von denen ich dachte, die wirklich hinter mir stehen haben mir gezeigt, dass sie meine Entscheidung nicht verstehen. Sie haben mit aller macht versucht mich davon abzubringen und auf mich eingeredet. Es sind noch andere Dinge passiert, doch ich lag stunden lang wach, weil ich danach nicht schlafen konnte. Eine keine Stimme in meinem Kopf wollte mir einreden, darauf zu hören und nach zu geben. Doch das habe ich nicht, was auch sehr gut ist alles andere wäre einfach nur unverantwortlich mir gegenüber gewesen.
Die Selbstzweifel die immer wieder hoch kommen, wenn ich in solche Situationen gerate sind einfach nur unerträglich. Ich bekämpfe sie, doch an manchen Tagen brechen sie eben doch noch hervor. Es am eigenen Leib zu erfahren und zu spüren wie mächtig sie sein können ist heftig, doch sie bei Menschen zu sehen die mir wichtig sind und zu denen ich aufblicke tut noch viel mehr weh. Vor kurzem habe ich die Selbstzweifel und Angst vor der Zukunft bei meinem kleinen Bruder gesehen. Es passiert seit einer Weile immer wieder, aber so stark wie an dem einen Tag waren sie bis her nicht. mein herz ist zersplittert und ich hatte wirklich Angst, dass ich diese Splitter nie wieder zusammen setzen kann. Mein Bruder und ich haben uns nicht immer gut verstanden, aber er war immer für mich da. In Momenten in denen ich damit nicht gerechnet habe, in denen ich es nicht bemerkt und erst später gehört habe und ganz besonders dann, als ich durch meine Zweifel fast erneut zerbrochen bin. Er hat mit mir überStunden geredet, als meine Entscheidung zu dem Abbruch wirklich stand. Er hat mich nach den Gründen gefragt, nach dem was kommt danach und hat mich nicht verurteilt. Er ist die Person die ich still und heimlich bewundere. Bei ihm sieht alles so einfach aus. Er hat seine Freunde um sich herum, seinen Abschluss ohne weiteres geschafft, ist an einer Uni angenommen worden und ist in einer glücklichen Beziehung. Es tut mir manchmal wirklich in der Seele weh, das zu sehen, weil ich mir das auch so sehr wünsche. Doch ihn dann zu sehen, wie er ruhe los durchs Wohnzimmer gelaufen ist, Angst, Verzweiflung und Hilflosigkeit in seinem Blick....
Ich wollte ihm helfen, obwohl ich es nicht kann. Er hat letzten Herbst mit dem Jurastudium begonnen, sehr anspruchsvoll ich weiß. Am Anfang war ich vielleicht etwas skeptisch, aber dann ist das Gefühl verschwunden. Weil er sich über nacht verändert hat. ich kann gar nicht sagen, wann ich ihn gesehen habe, wie er stunden lang am Schreibtisch sitzt. Mein Bruder hat sich so gar einen Lernplan geschrieben und vor knapp zwei Monaten mit dem Lernen begonnen. Das hat es während des Abis nicht so häufig, wenn nicht sogar gar nicht gegeben.
Um zurück zu kommen, auch wenn ich ihm nicht diese Angst nehmen kann, habe ich versucht für ihn da zu sein. Ich bin fast sofort los um ihm ein paar seiner liebsten Süßigkeiten zu besorgen. Um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine ist und wir an ihn glauben, das ich an ihn glaube. Wie er es für mich getan hat.
Ich wollte ihn immer davor beschützen, doch das kann ich nicht, niemand kann das. Wir leben unser Leben und treffen unsere eigenen Entscheidungen. Wir scheitern auch mal und das ist okay. Ich bewundere meinen Bruder dafür, dass er seinen Weg geht ohne sich rein reden zu lassen von irgendjemandem. Ich bin stolz auf ihn und gleichzeitig fühle ich mich etwas verloren, weil ich im Moment nicht weiß, wie es für mich weiter geht. Jeden Tag ist ein neuer Schritt auf einem Weg ins Ungewisse. Vielleicht ist es an der Zeit, zu akzeptieren, dass ich die Angst vor meiner Zukunft nur schlimmer mache, wenn ich zu sehr darüber nach denke. Sich zu überlegen wie diese aussehen kann ist okay, aber zu sehr Panik zu machen hilft nicht im geringsten.
Ja ich werde bald 22 und habe bis auf einen Abschluss nichts vorzuweisen. Andere sind fast mit der Ausbildung oder einem Studium fertig und ich habe nichts. Okay ist angekommen. Noch ein Punkt der mir angst macht. Es wird immer jemanden geben, der in meinem Alter mehr erreicht hat oder weiter ist. Ein weiterer Grund warum ich auf mich selbst schauen sollte und muss. Denn sobald ich mich mit anderen vergleiche bekomme ich wieder Angst. Angst niemals genug zu sein und niemals etwas zu erreichen. Totaler Unsinn, aber mein Kopf bringt diese Gedanken immer wieder hervor. Ich weiß, ich bin nicht die einzige die so etwas durchmacht, das ist vielleicht auch einer der Gründe, warum ich das hier alles aufschreibe.
Ja es ist okay angst zu haben, doch nur so lange bis es außer Kontrolle gerät. Es wird nichts bringen dabei auf andere zu schauen und zu hoffen dadurch etwas weniger Angst zu haben oder die richtige Entscheidung zu treffen. Denn das wird niemals etwas bringen, nur wir selbst wissen was für uns gut ist und sich wirklich richtig anfühlt - niemand anderes kann das wissen! Das klingt hart, ist aber die Wahrheit. Ich habe das nicht verstanden, bis ich mich für den Abbruch meiner Ausbildung entschieden habe und jetzt in diesem Moment diesen Text schreibe. Ja ich habe immer noch Angst vor der Zukunft aber jeden Tag den ich morgens aufstehe versuche ich damit etwas mehr klar zu kommen.
Ich will versuchen mehr in mich rein zu hören, was es ist das ich wirklich will. Natürlich schicke ich erstmal in alle Richtungen Bewerbungen und halte mir so alle Möglichkeiten offen. Erst wenn es wirklich so weit ist treffe ich eine Entscheidung. Eine bei der ich nur auf das höre was ich will ohne mich beeinflussen zu lassen. Ich bin mir bewusst, dass ich erneut scheitern könnte und in ein paar Jahren am selben Punkt wie jetzt sein könnte. Aber das kann immer passieren, egal wie ich mich entscheide. Also versuche ich das beste draus zu machen, nehme es wie es kommt und versuche mich daran nicht alle tausend mal zu hinterfragen - das macht es nur schlimmer statt besser.
An alle die da draußen, die genauso Angst haben wie ich, ihr seid nicht alleine. Ich fühle mit euch zu jeder Sekunde. Es gibt immer einen Weg diese Angst zu überwinden. Glaubt an euch selbst und macht einen schritt nach dem anderen. Alles was wichtig ist, ist tief in uns drin, wir müssen nur dafür eintreten. Unsere Ängste zu überwinden ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich.
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